Das Leben in den Kinderheimen (Kapitel 2)
Zuerst kam ich in eine Kinderkrippe. Laut Inspektionsbericht der Vormundschaftsbehörde soll es mir da sehr gut gegangen sein. Ist ja nicht anders
möglich, war ich doch in der besten Kinderkrippe der Stadt Zürich. Abends wurde ich täglich von der Mutter abgeholt und am Morgen wieder
hingebracht. Zuvor mietete sie in Zürich ein Zimmer, jetzt zog sie zurück nach Adliswil zu ihren Eltern, sie war wieder frei. Mein Grossvater arbeitete
bei der SBB (Schweizerische Bundesbahn) als Waagmeister. Ich weiss, dass ich da sehr glücklich war. Dieses Haus steht immer noch gleich hinter den
Geleisen der Sihltalbahn am Zipfelweg 7.
Den ersten Kinderheimaufenthalt verlebte ich für einen Monat in einem Kindererholungsheim in Schönenberg. Zuvor litt ich an einer akuten
Mittelohrentzündung, aber auch Masern kam bei mir an. Und jetzt war der Zweite Weltkrieg.
Draussen in Deutschland wurden die Juden zuerst bestohlen, dann enteignet, dann zu Gruppen zusammen getrieben und zuletzt wurden sie in Güter
oder Vieh – Wagen gestopft, so dass niemand sitzen konnte, auch die alten Leute nicht. In dieser Zeit zog meine Mutter nach Zürich zurück, und
wohnte kurze Zeit bei einer ihrer Schwestern. Und da die Vermieter auch für graue und vergammelte Wohnungen immer mehr Geld wollten, gab es
immer wieder Wohnungswechsel. Heute ist dieses Wohnquartier völlig islamisch, früher galt es als asozial.
Jetzt im Jahr 2010 fand ich ein Dokument, das bestätigt, dass sie sich als reformierte bezeichnete, auch änderte sie ihren jüdischen in einen christlichen
Namen, aus Rosa Bär wurde die Rosa Baer. Wenn ich heute darüber nachdenke, muss ich feststellen, dass ich von meiner Mutter nie etwas christliches,
aber auch nichts Jüdisches gehört habe. Ich lernte Verslein aufsagen, die frommes Geplapper waren, sonst nichts. Von da an wurde ich ungefähr alle 2
Jahre in ein anderes Heim verlegt. Das Ende des 2. Weltkrieges habe ich bei meiner Mutter miterlebt. Drei Staatsmänner und ein deutscher hoher
General unterzeichneten ein Papier. In der Schweiz läuteten alle Kirchenglocken eine längere Zeit und die Juden atmeten tief ein, meine Mutter auch.
Diesen Abend verbrachten wir auf der Dachterrasse. Das war am 8. Mai 1945.
Kurz nach Kriegsende hatte ich mit der Polizei zu tun. Und das grad zweimal. Das erste Mal bin ich mit dem Trettauto von etwa 3 Kilometern
unterwegs gewesen. Ich wurde bereits über eine Radioansage gesucht. Ein Polizist hat vor mir die Hand
aufgehoben und von mir verlangt, ich müsse den Fahrausweis zeigen. Er nahm mich dann mit auf den
Polizeiposten. Dort holte mich die Mutter ab und zu Hause kam dann die Strafe mit dem
Teppichreinigungsgerät, das kein elektrisch braucht. Die zweite Begegnung mit der Polizei hatte ich als
unsere Mutter wegen ihrer Abwesenheit meinen Bruder und mich in die Stube einschloss. Als unsere
Blase auf Hochdruck war, konnten wir nicht auf die Toilette. Da wir im Dachgeschoss wohnten,
löschten wir das Licht aus, öffneten Fenster und Rolladen und pinkelten über das Vordach. Leider war
der Hydrant zu fest unter Druck, sodass ich über das Vordach … . Wir hörten dann noch ein Kreischen.
Kurze Zeit später erschien ein Polizist und benützte das Teppichreinigungsgerät.
Während der Kriegszeit, am 22. Juli 1942 hat meine Mutter einen weiteren Jungen zur Welt gebracht,
sein Name: Rolf Alfred Bär. Sein Vater war ein Cousin meiner Mutter und war ebenfalls verheiratet. Sie
hingegen war währenddessen noch immer unverheiratet,
hatte aber längere Zeit mit diesem Mann ein Verhältnis.
Vor der Vormundschaftsbehörde und anderen amtlichen
Stellen gab sie diesen Mann als ihren Bruder aus. Mein
Bruder wurde ihr ebenfalls weggenommen und in andere
Kinderheime gesteckt. Was zwischen 1940 und 1946 mit
mir geschah, weiss ich leider nur mangelhaft, habe aber
auch die Akten darüber nicht erhalten.(Unterdrückung von
Urkunden seitens der Amtsvormundschaft Zürich).
Vermutlich war ich eine gewisse Zeit in einem Kinderheim
das den Namen Sonnenschein hatte in Herrliberg am
Zürichsee, denn es gab dort Schwestern, die mit uns
Kindern sehr liebevoll umgingen. In dieser Zeitepoche musste ich auch mit der Schule beginnen. Während
der ersten und zweiten Klasse war ich teilweise bei meiner Mutter untergebracht.
Im Jahr 1946 war ich dann sechs Monate lang im städtischen Kinderheim „Erika“ innerhalb der Stadt
Zürich. Das Haus an der Rötelstrasse 55 war sehr alt und fast komplett mit Efeu (Hedera Helix)
überwachsen.
Es sah aus wie eine alte historische Burg. In diesem Kinderheim mussten wir Kinder samstags gewöhnlich
in Reih und Glied zum Baden anstehen. Eine Kindertante half uns beim ausziehen, und nach der
körperlichen Reinigung half uns eine
andere beim trocknen und gab uns
frische Kleider. Nach den
Vormundschaftsakten hiess ich immer
noch René Bär, nicht Baer!! Während ich in der Wanne stand, reinigte mir eine in
diesem Heim angestellte, deutsche diplomierte Kinder-Krankenschwester den Hals
mit einer Messing-Drahtbürste. Gleichzeitig sagte sie: „du Sau-Jude musst wissen,
dass das Dreck ist!”
Es war das erste Mal in meinem Leben, dass ich das Wort ‚Jude’ vernahm. Da mein
Vater ein sehr dunkelhäutiger Mann war, hatte ich naturgemäß braune Haut. Nur
verstand ich nicht: was ist ein Jude und was hatte das mit mir zu tun? Ich wusste
nichts davon, dass ich ein Jude sein soll.
Ich wurde staatlich erzogen und wuchs demzufolge nicht im Judentum auf. Obwohl
ich neun Jahre alt war, wusste ich auch nichts von Reformiert, Evangelisch oder
Katholisch. Wir besuchten keine Gottesdienste.
In die Schule musste ich in einem anderen Stadtkreis. Ich musste also jeden Tag mit
einem Elektrobus (Trollybus) fahren. Bei einer Lehrerin namens Dr. Sidler war ich
eingeteilt und bei dieser musste ich mehrere Tests absolvieren, indem festgestellt
werden soll, ob ich geistig normal oder anormal sei. An einen Test erinnere ich mich
noch. Ich musste auf einem kleinen Teller eine bis zum Rand mit Wasser gefüllte
Tasse durch das ganze Schulzimmer tragen und ich durfte am Schluss keinen
Tropfen Wasser im Teller haben. Nach diesen Tests suchte die
Vormundschaftsbehörde einen Platz für mich, der kostensparend wäre und Umtriebe
vermeiden würde. Für die Stadt Zürich war ich nur eine Nummer. Und da für mich
in einem Kinderheim für normale Kinder kein Platz vorhanden war, wurde ich zu
einem Idiot abgestempelt. Mit so einem Jungen konnte man das machen. Wehren
konnte ich mich nicht.
So kam ich für die nächsten 3 Jahre in ein Heim für geistig leicht behinderte Kinder
und musste auch hier die dazu gehörige Schule besuchen, wodurch ich viel Lehrstoff und letztlich den Anschluss an das allgemeine Bildungsniveau
verlor. Dieses Kinderheim war auf einem Berg namens ‚Schwäbrig’ in Gais im Kanton Appenzell gelegen. (jetzt ist dort der Wetterdienst vom
Deutschen Fernsehen einquartiert)
Meine Mutter wies ausdrücklich darauf hin, dass ich kein Kinderheim brauche, nach dem ihr die Vormundschaft aber diese Einweisung schmackhaft
gemacht hatte, unterschrieb sie einen Text, der vom Amtsvormund Dr. Schlatter aufgesetzt wurde. Jetzt hatte diese Behörde freie Hand.
Mein Bruder soll zu jenem Zeitpunkt zu seinem leiblichen Vater gekommen sein, der eben als ihr Bruder ausgegeben wurde, es war aber eindeutig ein
Cousin und er war auch nie dort wohnhaft. Er war aber ein sehr liebevoller Onkel, auch wenn er mein Bruder Rolf viel mehr liebte, was ja
verständlich war. Was dann aber für mich schmerzhaft wurde, war,
dass auch die Mutter ihren jüngeren Sohn mehr liebte als mich.
In den Akten der Behörde wurde vermerkt, dass die dortigen
Büroangestellten den Eindruck haben, dass meine Mutter mir
gegenüber mehr eine Affenliebe zeigt. So hatte ich meine Mutter
in diesen drei Jahren nur alle fünf bis 7 Monate gesehen, mehr war
nicht erlaubt, da dies der Erziehung schaden würde. Im April
1948 kämpfte dann meine Mutter gegen den Vormund, aber es
war zu spät, so dass ich am 14. April 1948 mit der Bahn nach St.
Gallen und dann nach Gais gebracht wurde.
Ich hatte keine Ahnung davon, dass die Stadt Zürich Kinderheime
hatte, wo die Hauptverantwortliche, also hier Fräulein Dora
Hofstetter von und in Gais Alkoholikerin und lesbisch war. In
diesem Kinderheim, das die Stadt Zürich „Schülerheim
Schwäbrig“ nannte, wurden wir 16 Jungs falsch ernährt. Zudem
gab es zu wenig zu essen.
Ein Nachbar, ein Landwirt namens Bodenmann lieferte die Milch
und die Butter in dieses Heim. Fräulein Hofstetter war oft mit
diesem Mann am Trinken. Nur am Sonntag gab es Brot mit Butter
und Konfitüre. Die Brote wurden kurz vor dem Essen in der
Küche bestrichen, wurden dann aber wieder abgekratzt, so dass
nur in den Löchern des Brotes Butter war. Die Mitarbeiter und der
Lehrer bedienten sich mit anderen Portionen.
Zwei Mal pro Woche mussten immer zwei Jungs in das Dorf Gais laufen um Brot zu holen. In so einem Laden, wo wir Brot holten, habe ich dann
einmal eine Hand voll Weinbeeren gestohlen. Natürlich wusste das die Heimleiterin, bevor ich im Heim schwer beladen mit Brot ankam. Die Strafe
kam schnell bei mir an: Ohne Nachtessen ins Bett, und in der Schule einen Aufsatz über diesen Diebstahl schreiben. Der Titel dieses Aufsatzes wurde
mir vorgeschrieben; Der Teufel sticht. Zudem musste ich einen Teufel in schwarz zeichnen, der eine Heugabel in seinen Händen hatte. Zu jener Zeit
hatte ich einen Lehrer, der Herr Möhrli hiess. Wir kommen nochmals auf diesen Lehrer zurück. Einmal musste ich zur Strafe in der Hundehütte
schlafen, ich weiss nur nicht mehr den Grund.
Da wir sehr wenig Früchte zu essen bekamen, aber in einem isolierten Raum viele Äpfel gelagert waren, kroch ich jeweils unter diesen Bau, hob einen
freien Holzrost in die Höhe und holte so Äpfel.
Alle Jungs mussten schwer mitarbeiten, so mussten wir im Wald von einem steilen Abhang Ein - Meter lange gespaltene Hölzer ins Heim schaffen.
Dann mussten diese von Hand in 25 cm lange Stücke zersägt werden. Wehe, wenn man nicht gearbeitet hat.
Jetzt aber etwas Schönes: Als wir Jungs im Wald arbeiteten, fanden die zwei Hunde vom Heim ein Rehkind, das die Mutter alleine gelassen hatte,
bevor wir mit den Hunden dort ankamen. Der dazumalige Lehrer hat es dann in das
Kinderheim gebracht. Eine Mitarbeiterin hat dann den Förster orientiert, der kam
schnell zu uns und er übertrug mir die Verantwortung für dieses Reh - Baby. Ich
durfte ihm einige Male am Tag Milch bringen. Wir gaben ihm den Namen „Büdä“.
Ich wusste nicht was das bedeutete. Es war ein kleines Böcklein und spielte später
auch mit mir, aber als die Hörner wuchsen, wurde es zum Teil etwas schwieriger für
mich. Es gab aber eine gute Lösung. Da es mich beim spielen und Kräfte messen
immer von vorne angriff, habe ich dann vorne in die Hose ein paar Zeitungen
gesteckt. Seit dem Tag, wo ich verantwortlich für Büdä war, haben die Hunde nicht
mehr in ihrem Haus geschlafen, sondern immer auf dem Heu mit diesem Reh. Es
war die einzige Freude, die ich in diesem Kinderheim hatte.
Meine Mutter versprach mir oft, mich jeden Monat zu besuchen, kam aber pro Jahr
nur einmal. Das waren leider leere Versprechungen, unter solchen ich sehr litt. Es
wurde bewilligt, dass ich von Weihnachten bis 2. Januar und in den 4 Wochen
Sommerferien jeweils zur Mutter nach Zürich in die Ferien durfte. Das war schon
mal eine Abwechslung. Im Jahr 1949 arbeitete sie in der aller ersten
Selbstbedienungsfiliale des MIGROS Genossenschafts-bundes in Zürich, die im
Bahnhof Enge eingebaut war. Da mich meine Mutter nicht alleine lassen durfte, nahm sie mich mit. Der Filialleiter, Herr Feigenbaum stellte mich
12järigen sofort ein, um im Laden herum zu laufen und zu kontrollieren, ob es Leute gibt, die stehlen, also bei der Kasse nicht bezahlen. Das war
allerdings ein interessanter Posten. Diese Filiale war die allererste Testfiliale und meine Mutter musste dafür besorgt sein, dass die Tablare immer voll
waren. So lief ich also mit einem Warenkorb herum, schaute die Artikel an aber auch die Leute. An einem regnerischen Tag beobachtete ich einen
älteren Herrn, der vier Poulet (Hähnchen) von je einem Kilogramm in seine Pellerine (Ueberwurfmantel) verschwinden lies. Bei der Kasse meldete
ich das sofort, und als dieser Herr zum zahlen an die Kasse kam, sagte ich: „Wären sie so freundlich und würden sie die vier Poulet auch auf den
Tisch legen?“ Der langen Rede, kurzer Sinn: Ein Stadtpolizist kam und nahm in mit. Ich erwischte noch andere, aber nur das blieb in meinem
Gedächtnis. Oft saß ich aber einen Stock höher hinter einer Glasscheibe, wo man nur von einer Seite durchsehen konnte.
Lohn durfte man mir noch keinen geben, weder in Ware, noch in Geld. Alle Artikel waren gezählt. Nicht einmal ein Schokostengel durfte man mir
geben. Das war MIGROS, das Unternehmen, das so gross geworden ist und die vom Gründer; Gottlieb Duttweiler festgelegten
Geschäftsbedingungen hinter sich gelassen hat. Alle Preise waren immer runde Preise. Heute macht MIGROS Millionen Geschäftsgewinne und ist
…..... eben ein Konzern!
In Sachen Sexualität musste ich in diesem Heim aber leiden. Von einem um vier Jahre älteren Burschen (Walter Bickel) wurde ich oft vergewaltigt
und das auf meinem Bett. Wollte ich nicht mitmachen, stoppte er mir mit der Decke (Oberleintuch, Wolldecke und Federbettdecke) das atmen. Wenn
dann das Bett nass war, ging er wieder in sein Bett. Ich bekam dann Drohungen über das was passieren würde, wenn ich ihn verrate. Ich war schwach
und unterernährt, was hätte ich machen sollen.
Etwas Anderes was mir aus meiner Jugendzeit noch in Erinnerung geblieben ist, waren die Zeiten allein mit meiner Mutter. Wenn ich vom
Kinderheim oder von der Anstalt zu ihr durfte, war das grundsätzlich immer eine schöne Sache. Ich
durfte für eine kurze Zeit weg von diesem Leben.(Weihnachten und Sommerferien.) Wir gingen
dann zusammen in ein Tea Room (Kaffeehaus). Dort bekam ich warme Schokoladen-milch
(Ovomaltine) und Patisserie (Cremeschnitte) und süße Kuchenstücke aus einer Konditorei. Gleich
nachdem meine Mutter das bestellt hatte, ging sie an den Platz, wo in diesem Café die Zeitungen
und Illustrierten auslagen. Dort holte sie sich immer die neuste Ausgabe einer Zeitschrift in der es
innwendig ein Horoskop hatte. Dieses war systematisch angeordnet und hatte, wenn ich mich recht
erinnere, 5 Spalten, wie etwa Glück, Liebe, Arbeit, Gesundheit, … usw. Je nach dem Geburtstag
bekam man dann Glück oder Unglück verheißen. Es war interessant zu beobachten, wie sich das
Gesicht meiner Mutter veränderte, wenn unter Liebe etwas Positives stand. Meine Mutter litt unter
ihrem Alleinsein. Dies war eine negative Erfahrung für mich, da ich sehen konnte was ein Horoskop
bewirken kann.
In dieser Zeit hatte ich drei Lehrer, jedes Jahr einen Neuen. Ich erinnere mich heute (Jahr 2010) nur
noch an zwei Namen: Herr Möhrli und Herr Christen. Herr Möhrli war ein sehr kleiner und sehr strenger netter Mann der es mit 16 Knaben versuchte.
Aber er behandelte nicht alle nach dem gleichen Mass-Stab. Den erstgenannten Lehrer hatte ich vom Frühling 1950 bis Frühling 1951. Wie ist das
aber möglich, was jetzt kommt ?
Als ich dreizehn Jahre später ein Geschäftsmann war, musste ich an einem Montag auf die Bank in Zürich - Römerhof. Ich musste die Löhne
auszahlen. So hatte ich einige Tausender und Hunderter – Noten in der Hand. Da sprach mich ein Mann an: René, was machst Du hier? Der Lehrer
Möhrli erkannte mich noch und hatte Angst, ich hätte gestohlen. Aus seinem ehemaligen Schüler, wohl gedacht ein zum Idiot abgestempelter Junge,
wurde ein Geschäftsmann.
Vom Tag meiner Geburt an bis zum April 1951 war ich unter dem Namen René Rolf Bär beurkundet. Am
17. März 1951 hat meine Mutter dann meinen leiblichen Vater, den ich nur flüchtig kannte in St. Gallen
geheiratet. Grund hierfür war, dass meine Mutter zum zweiten Mal von ihm schwanger war, aber mit
dem dritten Kind. Im Zuge dieser Heirat haben die Behörden meinen Namen auf René Stutz geändert
und aus der Amtsvormundschaft entlassen. Meinem 4 Jahre jüngeren Bruder und mir wurde es in diesem
Jahr im Frühling gestattet nach Hause zu unseren „Eltern“ zu gehen.
Sie lebten dazumal in einer Pension
Alpenblick in Teufen und mieteten zwei
Zimmer. Zirka vier Monate später
wohnten wir in einem kleinen
primitiven Bauernhaus in Teufen im
Kanton Appenzell.
Kein Badzimmer, keine im Haus
eingebaute Toilette, dafür aber eine
ausserhalb am Haus angebrachte Hütte,
darin ein Brett mit einem runden Loch
mit Holzdeckel. Gekocht wurde mit Holz
und das Wasser musste im Sommer und
Winter an einem Brunnen geholt werden.
Toilettenpapier? Der Vater brachte von
seinen Restaurant – Besuchen Zeitungen
nach Hause und diese machte ich dann zu
Toilettenpapier.
Zudem kam meine Schwester „Erika“ am 9. Juli 1951 zur Welt. Sie hatte wiederum den gleichen leiblichen Vater wie ich. Ungefähr ein halbes Jahr
nach der Heirat bemerkte ich, wie mein Vater dem Alkohol verfiel. Gewöhnlich versoff er seinen gesamten Lohn bereits 2 Tage nach dem Zahltag,
den er alle zwei Wochen auszahlen liess. (pro Monat brutto 490.-- SFR). Später erfuhr ich, dass er in Genf ein Malergeschäft mit 12 Angestellten
hatte, welches durch seinen Alkoholkonsum in Konkurs ging. In einem Winter musste er das Pfarrhaus der evangelischen – reformierten Kirche in
Teufen renovieren. Es war wirklich ein eiskalter Winter. Nicht ein einziges Mal brachte die Frau dieses Pfarrers namens Coprio einen heissen Kaffee
oder einen Tee. So ging mein Vater jeden Tag ins gleiche Restaurant und trank dort seinen Kaffee Schnaps und das dreimal am Tag und nach
Feierabend wurde weiter gemacht. Nach dem die Arbeiten am Pfarrhaus fertig waren, brachte mein Vater diesen Pfr. Coprio nach Hause und er
betupfte uns mit seinen in Wasser getauchten Fingern dreimal die Stirne. Hingegen wenn er betrunken war, hatte er außerdem die Eigenart uns
Kindern gegenüber von dem „Hagäschwanz“ = Peitsche Gebrauch zu machen.
Ich erinnere mich noch an eine wahre Geschichte: Einmal brachte er uns Jungs als er voll besoffen war ein schneeweisses Büsi als Geschenk nach
Hause. Er gewann dies mit Jassen (Kartenspiel) für Geld. Natürlich freuten wir Jungs uns sehr über diese Katze. Sie schlief immer dort, wo mein
kleines Schwesterchen Erika schlief nämlich im Stubenwagen, dort wo sie ihre kleinen Füsschen hatte. Meine Mutter nahm sie viele Male weg aber
das hatte keinen Erfolg, denn das Kätzchen namens Bischu ging wieder dorthin um zu schlafen. So hängte dann meine Mutter eine ganz dünne
Stoffwindel als Absperrung über den Stubenwagen, machte diese dann mit Wäscheklammern fest und so gab es zwischen Bischu und der Mutter
keinen Streit mehr. Als Erika ungefähr neun Monate alt war, bekamen wir von einer Tante, resp. Schwester meiner Mutter Besuch. Das war zu jenem
Zeitpunkt, als der Pfarrer uns Kinder mit Wasser betupfte. Dann gab es eine lustige Szene, die ich eigentlich nie vergessen habe. Diese Tante wollte
das Kind aus dem Stubenwagen hochheben und als ihre Hände ganz nah beim Kind waren, sprang unsere weisse Katze hoch und zerkratze ihre
Hände. Logischerweise haben mein Bruder und ich laut heraus gelacht, wir fanden dies lustig. Als Belohnung für unsere Schadenfreude bekamen wir
„Ohrfeigen“. Alle Kinder von vier Schwestern meiner Mutter mochten diese hochnäsige Dame einfach nicht.
Sie hatte keinen Ehemann mehr und nie wirklich einen gehabt. Wenn ich heute im Jahre 2010 in meine Akten schaue, stelle ich fest, dass viele
Originale beim Kopieren zugedeckt wurden, oder dass solche mir vorenthalten worden sind. (Nach dem Gesetz: Unterdrückung von Urkunden)
1945
René, der uneheliche
kriminell vernlagte
1947
Kinderheim Zürich Röthelstr. 57
1947
Mit dem Kinderheim der Stadt Zürich Ausflug auf Emserberg
Das Kinderheim für geistig schwache Kinder
Kinderheim Gais heute
1954
mein Bruder Rolf in der
Anstalt Albisbrunn
1949
Mutter und Bruder
Mein Vater 5 Jahre nachdem er
vom Alkohol frei wurde